Der notarielle Ehevertrag |
Seite 4 von 10 Dazu ein Beispiel Der Ehemann bringt in die Ehe ein Auto im Wert von 5.000 € mit, die Ehefrau eine Geldanlage von 50.000 €. Sie erbt während der Ehe einen Bauplatz im Wert von 70.000 €. Darauf errichten die Eheleute gemeinsam ein Haus, in das auch das gesamte Eigenkapital der Ehefrau einfließt. Als es zur Scheidung kommt, ist das Hausgrundstück vom gemeinsamen Einkommen abbezahlt und 290.000 € wert. Der Ehemann hat außerdem ein Auto im Wert von 15.000 €. Sonstiges Vermögen hat (unterstellen wir für das Beispiel) keiner von beiden. Lösung: Weil Grund und Boden "anzieht", läuft nicht nur der Bauplatz, sondern auch das Haus auf den Namen der Ehefrau. Der Mann ist nicht daran beteiligt und kann auch nicht darüber mitverfügen (es beleihen, bei einem Verkauf übereignen etc.). Ihm steht jedoch ein Ausgleich in Geld zu, soweit seine Frau einen höheren Zugewinn hat. Am Ende der Ehe hat die Frau ein Vermögen von 290.000 €, der Mann ist fast so arm wie am Anfang (15.000 €). Doch muss sie jetzt nicht etwa ihr Vermögen mit ihm teilen (also ihm eine Hälfte des Hauses überschreiben oder ihm 145.000 € bezahlen). Denn ihr Zugewinn beläuft sich nur auf die Differenz zwischen End- und Anfangsvermögen. Dem Anfangsvermögen ist zu ihren Gunsten die insoweit nicht ausgleichspflichtige Erbschaft hinzurechnen. Also wird ihr Anfangsvermögen mit 120.000 € angesetzt, so dass ihr Zugewinn nur 170.000 € beträgt, während er einen Zugewinn von nur 10.000 € hat. Insgesamt haben die Eheleute also während der Ehe einen Vermögenszuwachs von 180.000 € erwirtschaftet. Die Differenz der beiden Zugewinne (sie 170.000 €, er 10.000 €) hat sie zur Hälfte auszubezahlen: Er erhält also von ihr 80.000 €. Ihr Endvermögen reduziert sich also in Höhe dieses Betrages, seines erhöht sich entsprehend. Als bereinigtes Endvermögen steht er nach der Scheidung mit 95.000 € da, sie mit 210.000 €. Damit erhält jede/r von beiden von der Summe des gemeinsam Erwirtschafteten die Hälfte. Das Beispiel zeigt zwei wichtige Erkenntnisse zum Zugewinnausgleich: Erstens werden die getrennten Eigentumsverhältnisse an Haus und Auto, wie sie während der Ehe gestaltet wurden, mit dem Zugewinnausgleich nicht in Frage gestellt. Die Ehefrau muss nur schauen, wie sie das Geld auftreibt, wozu sie z.B. das ihr allein gehörende und verbleibende Haus wieder beleihen könnte. Zweitens wird nicht ausgeglichen, was jeweils vor der Ehe schon vorhanden war oder während der Ehe ohne gemeinsames Zusanmmenwirken dazukam, also geerbt oder geschenkt wurde. Beides ist nicht mehr als gerecht. Damit nicht der längstlebende Ehegatte im Todesfalle schlechter steht, als er bei Scheidung gestanden hätte, kann er den beiderseitigen Zugewinn auch den Erben des verstorbenen Ehepartners vorrechnen und Ausgleich verlangen. Im Regelfall erspart dies der Gesetzgeber aber der Familie, indem er einfach die Erbquote des überlebenden Ehegatten im Verhältnis zu den Kindern oder sonstigen Verwandten des Verstorbenen pauschal erhöht. Dies ist in aller Regel für den überlebenden Ehegatten günstiger, als wenn er auf den Zugewinnausgleich durch die Erben besteht. Der Zugewinnausgleich ist übrigens in vollem Umfang von der Schenkung- und Erbschaftsteuer befreit, auch wenn er dem Ehegatten als Teil der Erbschaft zufällt. Dies kann bei vermögenderen Ehegatten im Todesfall zu einem erheblichen Steuervorteil führen – eines von vielen Argumenten gegen die folgenden Güterstände der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung. |
© Notar a.D. Professor Dr. Jörg W. Britz www.britz-sb.de |