Erbrecht |
Seite 4 von 10 Der Pflichtteil Besonders nahen Verwandten (Abkömmlingen, Eltern) und dem Ehegatten steht ein so genannter Pflichtteil zu, wenn sie eigentlich gesetzliche Erben geworden wären, aber ein Testament oder Erbvertrag Gegenteiliges angeordnet hat. Der Pflichtteil unterscheidet sich vom gesetzlichen Erbteil in dreifacher Weise: 1. Er gibt erstens nur einen Zahlungsanspruch gegen den/die Erben und keine Beteiligung an einer Erbengemeinschaft. Der Pflichtteilsberechtigte kann also nicht mitentscheiden, was mit den Nachlassgegenständen passiert, und er kann vor allem auch keine Teilungsversteigerung verlangen! 2. Der Pflichtteil (Geldanspruch) entspricht zweitens auch nur der Hälfte dessen, was kraft Gesetzes wertmäßig geerbt worden wäre. 3. Als Anspruch unterliegt der Pflichtteil drittens der Verjährung. Wird er nicht rechtzeitig geltend gemacht, braucht der Erbe den Anspruch auch nicht mehr zu erfüllen. Für das „längste Leben“ heißt das: Setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Erben ein, sind die Kinder dadurch enterbt und können ihren Pflichtteil geltend machen. Doch ist dies in vielen Fällen das kleinere Übel im Vergleich zu einer Erbenbeteiligung der (minderjährigen) Kinder. Denn der Pflichtteil ist eben erheblich weniger und macht dem Ehegatten keine Vorgaben, wie er dieses Geld aufbringt. Insbesondere droht nicht die sofortige Versteigerung des Familienhäuschens, das sich die Eheleute gemeinsam als Altersvorsorge aufgebaut und abbezahlt haben. Nur in extremen Ausnahmefällen darf man über das jederzeit mögliche Enterben hinaus auch den Pflichtteil entziehen. Ein solcher Fall liegt z.B. bei einem Sohn vor, der im Gefängnis einsitzt, weil er den Vater zu ermorden versucht hat. Ihm können sowohl der Vater auch als auch die Mutter den Pflichtteil entziehen. |
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