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Vererben oder Verschenken?
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Weitere Gegenleistungen / vorbehaltene Rechte

Wesentlich vielschichtiger stellen sich weitere Gegenleistungen oder Auflagen dar, die von Fall zu Fall gewünscht werden und die ich hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit kurz darstellen will:

1. Wohn- und Mitbenutzungsrecht
Dies ist der klassische „Sitz“ im Haus. Der Veräußerer behält sich das Recht vor, bis zu seinem eigenen Tod unentgeltlich in bestimmten, genau zu bezeichnenden Räumen wohnen zu dürfen. Dabei wird gegebenenfalls unterschieden zwischen den Teilen des Hauses (und Grundstücks), die er alleine nutzt, und denjenigen Teilen, die er gemeinsam mit dem Eigentümer nutzt, meist Keller, Speicher, Garten etc.

2. Nießbrauch
Über das Wohnrecht hinaus geht der Nießbrauch. Er berechtigt zur alleinigen Nutzung des gesamten Anwesens einschließlich des Rechts zur Vermietung. Der Nießbrauch wird deshalb meist gewählt, wenn der Erwerber selbst das Haus (vorerst) gar nicht nutzen will, sei es, weil der Veräußerer selbst es komplett weiter bewohnt oder weil es bereits vermietet ist und der Veräußerer weiterhin die Mietzahlungen beziehen und für alle Kosten aufkommen will.

3. Bedingter Rückübertragungsanspruch
Diese Klausel ist juristisch außerordentlich kompliziert. Sie dient im wesentlichen dazu, den Veräußerer vor einer überraschenden Rechtsfolge zu schützen: Ein Wohnrecht (auch ein Nießbrauch!) schließt rechtlich einen Weiterverkauf durch den Erwerber nicht aus! Trotz des Wohnrechts droht also dem ehemaligen Eigentümer - bildlich gesprochen -, dass er mit dem Haus mitverkauft wird. Dabei bleibt das Wohnrecht zwar uneingeschränkt in Geltung, was den Kreis der Interessenten stark einschränkt. Wenn sich aber trotzdem ein Käufer findet, wohnt der Veräußerer entgegen seiner Erwartung mit Wildfremden unter einem Dach. Zwar kann sich der Erwerber verpflichten, nicht weiterzuverkaufen. Dies nutzt aber nichts gegenüber einem Käufer, der von dieser Verpflichtung nichts wusste.

Zu demselben ungewollten Ergebnis könnte es kommen, wenn der Erwerber das Objekt z.B. für eine Bank belastet und im Falle der Krise die Versteigerung durch die Bank nicht verhindern kann, wenn andere Gläubiger des Erwerbers auf das Haus zugreifen, wenn er in Insolvenz fällt oder auch wenn er es ohne Rücksprache vermietet.

Für alle diese Fälle hat die Vertragspraxis das Hilfsmittel des bedingten Rückübertragungsanspruchs entwickelt, der nach Wahl in einem solchen Fall greifen kann. Dieser Anspruch kann durch eine Vormerkung im Grundbuch abgesichert werden. Kein Käufer kann sich deshalb mehr darauf berufen, er habe nichts davon gewusst.

Genauso setzt sich das vorrangige Recht des ehemaligen Eigentümer auch in der Zwangsversteigerung durch. Letztlich ist also der Veräußerer geschützt davor, dass zu seinen Lebzeiten und gegen seinen Willen das Haus in fremde Hände gelangt.

 Rangfolge im Grundbuch

Bei allen vorstehenden Rechten muss auf den Rang im Grundbuch geachtet werden. Nur wenn der Veräußerer insoweit auf dem ersten Rang steht, hat er volle Sicherheit.

Leider funktioniert das häufig nicht, wenn der Erwerber seine Ausgleichszahlungen oder Investitionsvorhaben finanzieren muss. Denn die Bank wird auf einer Grundschuldeintragung meist auf dem ersten Rang, also vor den Rechten des Veräußerers bestehen. Wenn also der Erwerber später die Bank nicht mehr bezahlen kann, wird nicht nur das Haus versteigert, sondern die Rechte werden auch gelöscht.

Beim Wohnrecht oder Nießbrauch heißt dies, dass auch der ehemalige Eigentümer auf der Straße sitzt. Allenfalls erhält er eine Entschädigung aus dem Versteigerungserlös, und auch das nur, wenn mehr als die Bankschulden herausgekommen ist.



4. Verzicht auf Verwendungsersatzansprüche
Gelegentlich hat der Erwerber bereits vorzeitig Geld in das Elternhaus investiert. Falls eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen war, kann er, statt eine Gegenleistung in bar zu zahlen, mit seinem Rückzahlungsanspruch aufrechnen. Im Ergebnis erfolgt dann eine Gegenleistung in Form eines Verzichts auf Verwendungsersatzansprüche.

5. Schuldfreistellung
Ebenfalls im Grenzbereich zu den Gegenleistungen in Form von Zahlungen liegt die Schuldfreistellung. Hier geht es um Fälle, in denen z. B. noch Schulden auf dem Haus sind. Statt den Eltern Bargeld zu bezahlen, mit denen diese ihre Schulden auf einen Schlag zurückzahlen könnten, übernimmt der Erwerber die monatlichen Zahlungen an die Bank.

Hier muss man unterscheiden zwischen einer reinen Absprache im Innenverhältnis der Familie und einer solchen im Außenverhältnis zur Bank. Nur letztere führt dazu, dass der ehemalige Eigentümer nicht doch noch von der Bank im Falle der Krise in Anspruch genommen wird.

Allerdings bedarf die Freistellung im Außenverhältnis deshalb auch der Zustimmung durch die Bank und unterliegt zum Teil sehr komplizierten und wenig praktikablen Abwicklungsmodalitäten.

6. Pflegeverpflichtung
Früher war auch die vertragliche Übernahme der Pflege im Alter (Kochen, Wäsche, Hausputz, Körperpflege etc.) üblich. Heute herrscht hier große Zurückhaltung. Zum einen findet eine häusliche Pflege rein faktisch nicht mehr mit derselben Regelmäßigkeit und Selbstverständlichkeit statt.

Auch führt eine gerichtliche Durchsetzung solcher Ansprüche, falls es innerfamiliär freiwillig nicht (mehr) klappt, nur begrenzt zum Erfolg. (Demjenigen, für den erst aufgrund eines Gerichtsurteils vertragsgemäß gekocht wird, wird das Essen kaum schmecken.)

Vor allem dürfen die (nachteiligen) Rechtsfolgen (Kürzungen?) nicht außer Acht gelassen werden, die sich möglicherweise bei Rentenkassen, Pflegeversicherung oder auch beim Sozialamt daraus ergeben können, dass sich ein Familienmitglied vorrangig zur Übernahme der Pflegeleistungen verpflichtet hat.

7. Sonstige Gegenleistungen
Auf eine reine Erwähnung beschränke ich mich bei noch selteneren und auch nicht problemfreien Gegenleistungen wie Vorkaufsrechten oder Freistellung von gesetzlichen Unterhaltspflichten z.B. zugunsten von Geschwistern.



 

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